Mal wieder der Gelackte
Eigentlich wollte der Ingenieur ja nur ein paar rostige Kleinteile von le Büell verschönigern, in der Art, dass diese im Verfahren des Druckluftstrahlens mit festem Strahlmittel (vulgo: Sandstrahlen) gereinigt und anschließend mit Pulver beschichtet werden sollten. Im Allgemeinen geht das recht entspannt vonstatten, da ja keine Topfzeiten verstreichen und kein Lack in der Pistole antrocknet.
Es nahm also noch unbemerkt ein Drama seinen Anfang, als Nachmittags der Ofen angeschaltet wurde. Das tut man, weil der eine Weile Strom verbrauchen möchte, bis er die Temperatur zum Einbrennen des Lackes erreicht. Kurz vor Erreichen der Vorgenannten, während noch fragliche Teile vom Motorrad demontiert wurden, begann ein Schütz im Ofen das geräuschvolle Flattern an. Jedoch konnte das Schütz nur wenig dazu, denn wahrlich uneins über die im Ofen etablierte Temperatur war sich der elektronische Thermostat. So sprang die Anzeige unmotiviert zwischen zwei etwa 50°C entfernten Anzeigen hin- und her.
Da war also der Ofen aus- und der Lötkolben einzuschalten.
Der Theromstat ist noch gänzlich analog aufgebaut und wurde seinerzeit wohl von der Firma Visatronic ersonnen. Lediglich die Segmentanzeige ist um den ehrwürdigen Dinosaurier ICL7107 von ehemals Intersil herum aufgebaut, der immer noch produziert wird - seit über 40 Jahren! Zwar ist der Ofen nicht ganz so alt, vielleicht 20 Jahre, aber immerhin ist seit dem ein Kondensator falsch herum bestückt, und zwar einer, der die negative Betriebsspannung für die Analogschaltung stabilisiert. Ein Klassiker, denn in dieser Funktion liegt der positive Pol des Kondensators auf Masse - nicht direkt intuitiv, aber korrekt. Weiterhin unfassbar ist, weshalb sich der Kondensator so spät dazu genötigt sah, dicke Backen zu kriegen.
Zum Sandstrahlen muss Luft verdichtet sein. Hier bewirkt das eine alte Hydrovane-Drehschieberpumpe, auch nur 40 Jahre alt. Komprimierte Luft ist aber feucht, und das ist nicht gut zum Sandstrahlen, weshalb noch ein Trockner mitarbeitet.
Dieser entledigt sich des gesammelten Wassers durch einen automatischen Auslass. Und dessen Betriebsanzeige-Lämpchen zeigte keinen Betrieb mehr an. Also Ofen wieder aus, Lötkolben wieder an. Diesmal waren es 100 Kiloohm im Werte von sagenhaften 10 Cent, die den Wasserableiter beinahe um 400€ wertloser gemacht hätten.
Wenn jetzt noch scharfkantige Hochofenschlacke in der Sandstrahlkabine wäre, und nicht nur Reste von Staub, dann, ja dann, könnte man tatsächlich sandstrahlen.